

Woher es kommt
10 Bücher, ohne dich ich nicht lesen, nicht schreiben, nicht leben kann
Eine spontane, aber nicht ganz zufällige Liste von Büchern, die mich tief beeindruckt haben, die ich wieder und wieder gelesen habe – und die mich zum Schreiben geradezu genötigt haben.
Jedes einzelne von ihnen.
„Von allen Welten, die der Mensch erschaffen hat, ist die der Bücher die Gewaltigste.“ (Heinrich Heine)
In der Reihenfolge, wie sie mir eingefallen sind. Eins nach dem anderen. Eine persönliche Liste ohne Rücksicht auf irgendjemanden – außer mich selbst.
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1. J.D.Salenger, Der Fänger im Roggen
Das erste Mal mit 15 gelesen. In der immer noch überragenden Übersetzung von – Heinrich Böll (man glaubt es kaum – was er sonst so geschrieben hat, seufz). Wobei „gelesen“ in diesem Fall so eine Sache ist: ich liebe diesen Roman genau bis zur Seite 85. Diese ersten knapp hundert Seiten beschreiben das Leben eines Internatsschülers und Außenseiters in einem Institut namens Percy, anscheinend eine Art Eliteschule für das gehobene amerikanische Puritanertum. Dieses knappe erste Drittel des Buches gehört zum Besten, das jemals in englischer Sprache geschrieben und ins Deutsche übertragen wurde. Und zwar 1951. Und Teile davon hat J.D.Salenger angeblich bereits in einem französischen Schützengraben im zweiten Weltkrieg geschrieben. So was haut einen echt um, oder so. In meinem Fall bis heute.
2. Brett Easton Ellis, Unter Null und Einfach Unwiderstehlich
Die ersten beiden Bücher meines großen amerikanischen Vorbilds. Das erste „Unter Null“ hat Ellis mit nicht einmal 20 Jahren geschrieben und ist dieser berühmte großartige „erste Wurf“, der gleich ins Schwarze trifft: jedes Wort sitzt. Jede Zeile ist perfekt. Kein Adjektiv zu viel, keines zu wenig. Die Charaktere nur umrissen, aber scharf und und sarkastisch gezeichnet – wie Karikaturen ihrer selbst. Ein Meisterwerk. Von einem sehr jungen Mann geschrieben. Schon über 40 Jahre her, aber der Roman strahlt immer noch wie am ersten Erscheinungstag. Was ihr immer schon über das Erwachsenwerden wissen wolltet – hier steht es drinnen. Noch dazu überragend formuliert.
„Einfach unwiderstehlich“ ist der Nachfolger. Genauso großartig geschrieben – aber für mich in seinem Vorhaben auf höchstem Niveau gescheitert: einen Roman in multiperspektivischer Ich-Form zu erzählen. Nicht nur ein Ich, das einen Blick auf die Welt wirft, sondern viele Ich-Charaktere, die einander zu nahe kommen, ohne sich je zu berühren. Für meinen ersten Roman „Ischgler Schnee“ habe ich gerade diesen zweiten Ellis-Roman zum Vorbild genommen – verschiedene Ich-Perspektiven, die – wie Filmszenen ineinander geschnitten – ein stimmiges Bild von einem Ski-Ort wie Ischgl ergeben, der an jedem Tag in der Wintersaison von neuem eskaliert – 140 falsche Samstage lang…
3. Fernando Pessoa, Das Buch der Unruhe
Es gibt Bücher, die kann man einfach niemals ganz lesen. Sie sind zu groß, zu winzig, zu rätselhaft, zu nah, zu weit entfernt, zu unscheinbar, zu spektakulär, zu unfassbar poetisch und dann wieder geradezu esoterisch formuliert. Sie packen einen und lassen niemals mehr los. Pessoas ‚Buch der Unruhe‘ ist so ein Werk. Aus dem Leben eines Hilfsbuchhalters und seiner sechs weiteren Akronyme. Aus den Untiefen der Wahrnehmung, der Wahrhaltung, der verdeckten Leidenschaften, des geheimen Begehrens, des ungelebten Lebens da draußen und der großartigen Labyrinthe in der eigenen zerklüfteten Persönlichkeit. Ein großes Buch über das große Unsagbare – also das Leben, und nichts anderes.
4. Andrea de Carlo, Creamtrain
Ein Roman, den ich für seinen Schreibstil liebe: direkt und witzig erzählt, voller Pointen, sehr lustig und trotzdem mit Tiefgang. Eine Rarität aus der Abteilung ‚Alltagssatire‘. Die Geschichte eines jungen Fotografen, der sich als Italienisch-Nachhilfelehrer in seinem Traumland, den USA Anfang der 80er Jahre, verdingt, dabei die wahren Abgründe des ‚Amerikanischen Traums‘ entdeckt und nicht zuletzt – als Italiener fast unumgänglich – der Liebe begegnet. Andrea de Carlo kann knappe Dialoge und groteske Situationen meisterhaft gestalten. Klingt alles so leichtfüßig geschrieben und ist doch Literatur auf hohem Niveau. Nicht jedes seiner Bücher mag ein Meisterwerk sein, aber sein Debüt ‚Creamtrain‘ ist mit Sicherheit.
5. Pier Vittorio Tondelli, Altri libertini, Rimini und Camere Separate
Einer der ganz wenigen schwulen Autoren, die in Italien den Durchbruch geschafft haben, und zwar gleich mit seinem ersten Erzählband ‚Andere Freiheiten‘. Das Aufwachsen in der italienischen Provinz (Coreggio in der Emilia Romagna), die ersten Erfahrungen, die Unsicherheit, die Liebe zur Literatur, der Drang schreiben zu wollen – dieses Debüt funktioniert immer noch großartig. Auch wenn es weit über 40 Jahre her ist. Leider ist Tondelli mit 36 Jahren an den Folgen einer HIV-Infektion verstorben. Wie er trotz seiner Jugend diesem Schicksalsschlag begegnet, ist in den ‚Getrennten Räumen‘ nachzulesen, gewissermaßen ein Requiem auf sich selbst. Davor hat er mit ‚Rimini‘einen Bestseller geschrieben, der den bekannten italienischen Ferienort an der Adria portraitiert – und dabei bis zur Kenntlichkeit entstellt. Für mein Debüt ‚Ischgler Schnee‘ war Tondellis ‚Rimini‘ eine sehr gute Schule…
6. Antonio Tabucchi, Lissaboner Requiem
Auch ein großartiger Autor, der ebenfalls bereits verstorben ist. Ehemaliger italienischer Kulturattaché in Lissabon und ein großartiger Kenner Fernando Pessoas – der als literarische Figur auch in Tabucchis ‚Requiem‘ auftaucht. Zuerst als Halluzination des Ich-Erzählers, dann als gleichwertige Romanfigur, um dann wieder ins Nichts abzutauchen. Dazwischen ein Reigen aus Begegnungen mit lebenden, bereits verstorbenen oder verschollenen Personen des Ich-Erzählers, mit feinster Feder geschrieben. Das ‚Lissaboner Requiem‘ hat mir stilistisch den Weg zu „Wiener Lied“ geebnet – das ebenfalls ein Requiem ist, allerdings im Gewand eines Kriminalromans.
7. Richard Ford, Wildes Leben
Ein Buch wie der Fänger im Roggen: an der Oberfläche unspektakulär, aber durch die Intensität präzisen Erzählens ein Meisterwerk, das lange im Leser nachwirkt. Die Geschichte eines 16jährigen auf den Spuren seines Vaters, der nach Montana gefahren ist, um einen Waldbrand zu bekämpfen. Das Feuer hat – metaphorisch – auch die eigene Familie erfasst: ein schwelender Brand, der alles zerstört und entfremdet. Ein kurzer Roman über die seltsame Zeit des Erwachsenwerdens zwischen einer noch nicht ganz zu Ende gegangenen Kindheit und dem noch rätselhafter erscheinenden Leben der erwachsenen Leute. Auch dieser Roman ist ein Debüt. Die meisten meiner Herzensbücher sind Erstlingswerke – vielleicht weil sie so intensiv und roh, so erbarmungslos und wie offen und frei von allen Konventionen des Verlagslebens geschrieben sind – in diesem ungewissen Raum unendlicher Freiheit, den man als Autor wahrscheinlich nur am Beginn seiner Schreibkarriere erlebt.
8. Stephen King, The Shining und Handwerk des Lebens und des Schreibens
Der dritte Roman des Großmeisters und meiner Ansicht nach ebenso großartig von Stanley Kubricks verfilmt. Mit Jack Nichelson und der gerade verstorbenen großartigen Shelley Duvall in den Hauptrollen. Ein abgelegenes Hotel in den Rocky Mountains, eine Schreibblockade, der sich wie ein Crescendo auftürmende Wahnsinn des gescheiterten Autors, der am Ende des Thrillers mit der Axt auf die eigene Familie losgeht. Davor diese langen Hotelkorridore. Das ermordete Zwillings-Kinder-Paar. Der rote Ball. Und Tony, die unheimliche Stimme im Kopf des jungen Sohnes. Redrum, Redrum….MURDER (von hinten nach vorn und vorn nach hinten gelesen). Großartig der Sog, den sowohl das Buch als auch der Film hinterlässt. Beides wird immer als als Meisterwerk an Suspense und Hochspannung in meiner Erinnerung bleiben.
Stephen King hat auch eine Art Anleitung für angehende Autoren geschrieben: sein ‚Handwerk des Lebens und des Schreibens‘ bietet einen faszinierenden Einblick in den Werkzeugkoffer des Erfolgsautors (und früheren Lehrers) – und wenn man (so wie ich) auch nur ein paar seiner Ratschläge und Anleitungen befolgt, lässt sich damit sogar ein Verlag für die eigenen Krimis finden…viel Glück für jeden, der auf diesem ungewissen Pfad unterwegs ist!
9. Walker Percy, Der Kinogeher
Ein Roman über das Versinken in alten Kinosälen – ein Gefühl, das mich vor allem in der ersten Hälfte meines Lebens geprägt hat. Wenn das Lesen nicht (mehr) hilft, geht man eben ins Kino. Und erlebt dort nicht nur wunderbar erzählte Geschichten, sondern trifft auch andere einsame Seelen. Auf der Suche nach einer Erlösung durch Bilder. Ein großartiges Buch über eine inzwischen beinahe schon untergegangene Welt, in der das Sehen und Staunen noch geholfen hat. Und erst recht das Wünschen, diese Sehnsucht nach mehr.
10. Thomas Bernhard, Wittgensteins Neffe
Ein witziges, trauriges, gleichermaßen lebensbejahendes wie existenzauslöschendes Buch über einen hochbegabten Außenseiter. Ein Künstlerporträt wie kein zweites. Thomas Bernhard konnte auch wahnsinnig komisch schreiben, sein Witz war treffend, pointiert und so messerscharf wie ein Stich in die Augen. Für mich ein Vorbild, wie man Todernstes hinreißend komisch erzählen kann, ohne sich eine Sekunde lang zu blamieren.
Ein witziges Buch zu schreiben habe ich mit meinem dritten Krimi ‚Pistentod in Lech‘ versucht. Ob es mir gelungen ist, werden meine Leser beurteilen…
„Erst wenn man mit Büchern in Berührung kommt, entdeckt man, dass man Flügel hat – um in andere Welten zu fliegen.“ (Frei nach Helen Hayes)
PS: Unterstützt bitte den lokalen, stationären und eingesessenen Buchhandel. Die Bücher kosten überall gleichviel. Der Mehrwert besteht in der gemeinsamen Liebe zum Lesen.
B is for Bands – Musikalische Einflüsse
Meine Krimis haben einen gewissen Flow, einen Rhythmus, der sich nach den einzelnen Charakteren und deren Funktion in der jeweiligen Story richtet.
Nicht nur die oben genannten Bücher haben mich dabei beeinflusst, sondern vor allem auch die Musik. Insbesondere jene aus der etwas lauteren Abteilung – nachfolgend in chronologischer Aufzählung ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit dargestellt:
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1. Die 70er Jahre
Sex Pistols, Stranglers, The Clash, Spitfire Boys, The Undertones, Stiff Little Fingers, The Dubliners, Anthony More, The Bats, Blondie, Brian Eno, Bruce Springsteen, The Chieftains, Come, The Cramps, Ed Kuepper, Gavin Bryars,
Patty Smith, Peter Gabriel & Genesis, Tom Robinson Band, Tom Waits, The Velvet Underground, Ultravox, Visage
2. Die 80er Jahre
Die The Pogues, The Cure, Hüsker Dü, Bad Religion, Band of Susans, Buffalo Tom, Butthole Surfers, AC Temple, The Celibate Rifles, Carter Burwell, Chuck Prophet, Circle Jerks, Cop Shoot Cop, Cowboy Junkies, Cowboy Mouth, Crime and the City Solution, The Cynics, Dinosaur Jr, Drop Nineteens, Elvis Costello & The Attractions, The Fall, Fields of the Nephillim, Gary Floyd, Gary Numan, The Jazz Butcher, The Jesus and Mary Chain, Joe Jackson, Joy Division, New Order, Julian Cope, Killing Joke, The Pogues, Radio Birdman, Sonic Youth, Stan Ridgway & Wall of Voodoo, Talking Heads, Russ Tolman & True West, Tuxedomoon, Greg Sage & Wipers, Wire
3. Die 90er Jahre
Ash, Billy Talent, Craig Armstrong, Dakota Suite, The Dandy Warhols, Dead Moon, Faith No More, Flogging Molly, Gallon Drunk, Helmet, Jane’s Addiction, The Jesus Lizard, Jimmy Eat World, Johnny Cash (American Recordings), The Jon Spenser Blues Explosion, Magnetic Fields, Massive Attack, Ride, Ministry, Naked Lunch, Nirvana, Pale Saints, Pixies, R.E.M., The Replacements, The Go Betweens, Russ Tolman, Seam, Sister Double Happiness, Slowdive, Social Distortion, Sonic Boom & Spaceman 3, Sunny Day Real Estate, Swans, Tar, Tav Falco Panther Burns, Tex Perkins & Beasts of Bourbon, Townes Van Zandt, Tracy Chapman, The Wedding Present & The Ukrainians, The Whisky Priests
4. Die 00er Jahre
Beach Slang, Black Mountain, British Sea Power, Broken Social Scene, Clean Bandit, Dashboard Confessional, Dax Riggs, Disturbed, Estas Tonne, Evanescence, Forward Russia, Francis International Airport, The Gaslight Anthem, I like Trains, Mark Lanegan & Soulsavers, Maria Taylor, The Mekons, Mojave 3, My Chemical Romance, Ou Est Le Swimming Pool, Pink Mountaintops, The Real McKenzies, Rowland S. Howard, Scissor Sisters, (British) Sea Power, Sick Tamburo, Silverson Pickups, Taking Back Sunday, Thirty Seconds to Mars, Willard Grant Conspiray, Wolfsheim, Schiller, Wooden Shjips, Eugene Edwards & Wovenhand
5. New Bands
The Bar Stool Preachers, Cardinal Black, Cold Years, Fast Animals and Slow Kids, The Jay Rayner Quartet, MGMT, Sports Team, Team Me, Wrekmeister Harmonies, Jamie Steward & Xiu Xiuf) The Classics, not to forget
6. The Classics, not to forget…
J.S. Bach, Das wohltemperierte Klavier, Air
Georg Philip Telemann, Adagio D-Dur
W.A. Mozart, Don Giovanni, Requiem
Eric Satie, Gymnopedies, Ogives
Friedrich Cerha, Der Rattenfänger
Lobymr Melnyk, Fallen Trees
The Penguin Café Orchestra, Broadcasting from Home
The Penguin Café, A Matter of Life
Michael Nyman, A Zed and Two Noughts, The Belly of an Architect
Wim Mertens, Struggle For Pleasure
7. Cantautori italiani
Lucio Dalla, Francesco de Gregori, Francesco Guccini, Franco Battiato, Teresa de Sio, Edoardo Bennato, Motta, Luigi Strangis, Thegiornalisti, Vasco Rossi
Weitere Leidenschaften
Sport (Gym, Laufen, Skifahren) & Fußball-Fan von S.P.A.L. Ferrara (Serie C) – MAI SOLA!
Whiskyliebhaber und ein wenig auch -experte (Keeper of Quaich, seit April 2014, No. 2323) – Drink Scotch Whisky responsibly!